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Ein Kommilitone an der Uni sagte einmal sinngemäß, das Buch sei das einzige Medium, dass einen perfekten Menschen hervorbringen kann. Eben weil das geschriebene Wort im Vergleich zu anderen Medien die wenigsten Sinne anspricht, verbleibt der größte Freiraum für die Phantasie des Rezipienten. Bilder, Töne, Gerüche - alles das wird nicht vorgegeben; sondern sie entstehen erst im Kopf des Lesers. Es ist nicht die Statur eines Schauspielers, sein markantes Gesicht oder der gesprochene Akzent, die das Bild des Protagonisten prägen. Es sind die Vorstellungen, die jeder Leser in seinem eigenen Gehirn entfaltet, die die Charaktere formen, wobei jeder Leser dann seine eigenen perfekten Menschen konstruiert. Insofern ist die Literatur eine eher einsame Form der Unterhaltung, da man seine inneren Bilder nur schwerlich mit jemand Anderem teilen kann. Aber es ist eine Unterhaltung, die ein hohes Maß an Intelligenz voraussetzt; sich zeitlich-räumlich hinweg zu denken, gepaart mit reichlich Empathie, ist etwas, was uns Menschen gegenüber anderen Lebewesen auszeichnet. Deshalb ist für mich das Lesen auf jeden Fall so etwas wie eine Speerspitze des menschlichen Daseins.
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